Zuständigkeit für Testamentsbekanntgabe: Bei fraglicher Verfahrensdurchführung in einem Drittstaat gilt der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort

Dass auch in einem Erbrechtsfall viele Köche den Brei verderben können, zeigt der folgende Fall, in den gleich drei Amtsgerichte (AG) involviert waren. Da gleich alle drei der einhelligen Meinung waren, nicht für die Bekanntgabe des Testaments zuständig zu sein, musste das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) ein juristisches Machtwort sprechen.

Der 2018 verstorbene Erblasser war deutscher Staatsangehöriger und lebte seit 2014 bis zu seinem Tod in Thailand. Sein letzter gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland lag im Bezirk des AG Lichtenfels. Beim AG Gelnhausen war wiederum ein notarielles gemeinschaftliches Testament aus dem Jahr 1996 in amtliche Verwahrung genommen. Die Erben erklärten gegenüber dem AG Lichtenfels die Ausschlagung der Erbschaft nach dem Tod des Erblassers. Dieses übersandte die Ausschlagungserklärung daraufhin an die Gelnhausener Kollegen -  mit dem Hinweis darauf, dass man von einer Zuständigkeit der thailändischen Behörden nach der EU-Erbrechtsverordnung ausgehe. Das AG Gelnhausen eröffnete das notarielle Testament und gab das Verfahren unter Hinweis auf die Geltung der EU-Erbrechtsverordnung dann an das dritte AG ab - das AG Berlin-Schöneberg. Was alle drei beteiligten Gerichte gemein hatten: Sie gingen geschlossen davon aus, dass sie für die Bekanntgabe eines in Deutschland in amtlicher Verwahrung befindlichen und bereits eröffneten Testamentes nicht zuständig seien.

Das OLG hat nun klargestellt, dass in einer solchen Konstellation das Nachlassgericht - hier das AG Lichtenfels - dann für die Bekanntgabe des Testaments international zuständig ist, wenn die Durchführung des weiteren Verfahrens in einem Drittstaat nicht erwartet werden kann. Für Thailand ist dies im Allgemeinen zu verneinen, da nach dortigem Recht die Hinterlegung eines Testaments beim Nachlassgericht gesetzlich nicht vorgesehen und für die Durchsetzung eines ausländischen Testaments immer ein Gerichtsverfahren notwendig ist.

Hinweis: Bei der Bestimmung der Zuständigkeit wird auf den letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers im Inland abgestellt. Dies gilt auch dann, wenn die Eröffnung der letztwilligen Verfügung durch ein anderes Gericht erfolgt ist, bei dem die Verfügung verwahrt worden ist.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 26.05.2020 - 21 SV 2/20
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 08/2020)