Sozialversicherungsrechte: EuGH gibt Klarheit bei fragwürdiger Arbeitgeberzuständigkeit im internationalen Lkw-Verkehr

Mittlerweile haben die meisten mitbekommen, dass an vielen Ecken Nachbesserungsbedarf besteht, was den grenzüberschreitenden Arbeitnehmerverkehr der Europäischen Union angeht. Im folgenden Fall musste der Europäische Gerichtshof (EuGH) dafür sorgen, dass Lkw-Fahrer Klarheit über das Dickicht an Firmen ihres Arbeitgebers erhalten. Und dieses Urteil wirft interessanterweise einige Grundsätze des deutschen Arbeitsrechts um.

Ein Unternehmen aus Zypern hatte mit einem in den Niederlanden ansässigen Transportunternehmen Verträge zur Verwaltung von Lkws geschlossen. Das in Zypern ansässige Unternehmen schloss zudem mit im internationalen Güterverkehr tätigen Lkw-Fahrern, die ihren Wohnsitz in den Niederlanden haben, Arbeitsverträge ab, in denen das Unternehmen als Arbeitgeber bezeichnet wurde. Als die Lkw-Fahrer ihre Lohnabrechnung aus Zypern erhielten, die Bezahlung jedoch aus den Niederlanden erfolgte, war strittig, welches Sozialversicherungsrecht auf die Lkw-Fahrer anzuwenden sei.

Der EuGH entschied, dass derjenige als Arbeitgeber anzusehen ist, der den Lkw-Fahrern gegenüber tatsächlich weisungsbefugt ist, die Lohnkosten trägt und berechtigt ist, die Fahrer zu entlassen. Arbeitgeber ist somit nicht automatisch das Unternehmen, das den Arbeitsvertrag mit den Lkw-Fahrern geschlossen hat und in dem Arbeitsvertrag formal als Arbeitgeber angegeben ist.

Hinweis: Wer der tatsächliche Vertragspartner ist, lässt sich häufig durch einen Blick in den Arbeitsvertrag ermitteln. Dass das allerdings nicht immer so einfach ist, zeigt dieser Fall. Im Zweifel kann der Rechtsanwalt helfen.


Quelle: EuGH, Urt. v. 16.07.2020 - C-610/18
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 09/2020)