Prozessbeschäftigung: Verlangen auf Weiterarbeit ist kein Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses

Die sogenannte Prozessbeschäftigung ist ein wichtiges Instrument, das Arbeitnehmern bei einem Kündigungsschutzprozess eine Weiterbeschäftigung sichern kann. Ob eine solche Prozessbeschäftigung aber auch über den Ausgang des Verfahrens hinaus dienlich ist, den eigenen Arbeitsplatz zu sichern, klärt im Folgenden das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (LAG).

Eine Arbeitnehmerin sollte aufgrund einer Vielzahl von Krankheitstagen die Kündigung erhalten. Obwohl der Betriebsrat widersprach, kündigte der Arbeitgeber der Frau dennoch. Diese erhob Kündigungsschutzklage und verlangte vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses. Das sei schließlich dann möglich, wenn - wie hier - der Betriebsrat ordnungsgemäß widersprochen habe. Eine Personalreferentin des Arbeitgebers bestätigte sodann via E-Mail diese sogenannte Prozessbeschäftigung, so dass die Arbeitnehmerin bis zum rechtskräftigen Abschluss ihres Kündigungsschutzprozesses beim Arbeitgeber weiterarbeitete. Diesen Prozess verlor die Arbeitnehmerin zwar, doch damit gab sie noch nicht auf.

Der Ansicht der Arbeitnehmerin, durch eben jene Prozessbeschäftigung sei ein neues Arbeitsverhältnis entstanden, erteilte das LAG bei einem erneuten Prozess eine Absage. Die Arbeitnehmerin hatte mit ihrem schriftlichen Verlangen der tatsächlichen Weiterarbeit kein Angebot auf den Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses abgegeben. Vielmehr hatte sie lediglich vom Arbeitgeber die Erfüllung ihres gesetzlichen Anspruchs eingefordert. Hieraus entstand kein neues Arbeitsverhältnis.

Hinweis: Eine Prozessbeschäftigung kann also immer nur dann verlangt werden, wenn der Betriebsrat einer Kündigung form- und fristgerecht widersprochen hat. Das sollten Arbeitnehmer zuvor klären.


Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 05.03.2020 - 5 Sa 1932/19
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 10/2020)