Nutzungspflicht erst 2022: Aktive Nutzung des "besonderen elektronischen Anwaltspostfachs" ist noch nicht verpflichtend

Alle Rechtsanwälte verfügen über ein "besonderes elektronisches Anwaltspostfach" (beA). Dabei handelt es sich um nichts anderes als beispielsweise das bekannte Programm Outlook, mit dem man E-Mails und Termine verwalten kann - der Sicherheitsstandard ist nachvollziehbarerweise nur wesentlich höher. Wann und wie dieses Postfach zu nutzen ist, war Dreh- und Angelpunkt im Fall eines versäumten Fristablaufs, den der Bundesgerichtshof (BGH) anders bewertete als die Vorinstanz.

Nachdem die erste Instanz eines Rechtsstreits für seinen Mandanten verloren wurde, ging dessen Anwalt in die Berufung. Die Begründung einer solchen Berufung ist natürlich fristgebunden, und als der Anwalt am letzten Tag des Fristablaufs mehrfach versuchte, ein Fax an das Berufungsgericht zu senden, scheiterte er - das Faxgerät im Gericht war defekt. Daraufhin beantragte der Rechtsanwalt die sogenannte Wiedereinsetzung, da er der Meinung war, die Frist nicht versäumt zu haben. Das zuständige Landgericht hat die Klage daraufhin jedoch abgewiesen, da die Berufungsbegründungsfrist nicht eingehalten worden sei. Denn immerhin hätte der Rechtsanwalt ja auch die Berufungsbegründung über sein beA versenden können.

Das allerdings sah der BGH anders. Denn bis Ende 2021 ist ein Rechtsanwalt nur verpflichtet, das beA passiv nutzen zu können - also um beispielsweise Schriftsätze entgegennehmen zu können. Bis zum Eintritt der sogenannten aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Rechtsanwälte besteht allerdings keine allgemeine Pflicht, sich mit den Anforderungen und der Funktionsweise der Erstellung und des Versands elektronischer Dokumente auseinanderzusetzen. Und da der Anwalt das beA bislang noch nicht aktiv genutzt hatte, war es ihm auch nicht zuzumuten, sich innerhalb kurzer Zeit vor Fristablauf erstmals mit den Voraussetzungen dieser (für ihn neuen) Zugangsart vertraut zu machen.

Hinweis: Mandanten und Mandantinnen können übrigens nicht über das beA mit dem Rechtsanwalt korrespondieren. Das funktioniert nur zwischen den Rechtsanwälten und den Gerichten.


Quelle: BGH, Urt. v. 17.12.2020 - III ZB 31/20
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 04/2021)