Namensliste für Betriebsrat: Kenntnis über Schwerbehinderte nötig, um Pflichterfüllung des Arbeitgebers zu überwachen
Da eine Schwerbehinderung einem Menschen nicht zwingend anzusehen ist, ist es auch sehr verständlich, dass der ein oder andere Arbeitnehmer eine solche gern für sich behält, so wie jeder andere es mit Privatem auch handhabt. Unter welchen Umständen man im Arbeitsverhältnis wem gegenüber jedoch nicht umhin kommt, eine Schwerbehinderung anzugeben, konnte in diesem Fall erst durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) geklärt werden.
Der Betriebsrat eines Entsorgungsunternehmens verlangte vom Arbeitgeber Auskunft über Anzahl und Namen der schwerbehinderten Mitarbeiter im Unternehmen. Wegen datenschutzrechtlicher Bedenken bat der Arbeitgeber die betroffenen Mitarbeiter um ihre Zustimmung zur Weitergabe ihres Namens, die jedoch einige Mitarbeiter nicht erteilten. Der Arbeitgeber verweigerte dem Betriebsrat daraufhin die Übermittlung der Namensliste, teilte ihm jedoch mit, dass mindestens fünf schwerbehinderte Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt seien, so dass eine Schwerbehindertenvertretung zu wählen sei. Der Betriebsrat beharrte jedoch auf der Vorlage der Namensliste und zog vor das Arbeitsgericht.
Vor dem BAG hatte der Betriebsrat Erfolg. Denn er überwacht, ob der Arbeitgeber seine Pflichten gegenüber schwerbehinderten Mitarbeitern erfüllt (§ 80 Abs. 1 Nr. 4 Betriebsverfassungsgesetz und § 176 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch). Das gilt auch in Bezug auf schwerbehinderte leitende Angestellte. Denn ein Sprecherausschuss, der ansonsten die Interessen leitender Angestellte vertritt, hat diese Aufgabe nicht. Der Betriebsrat kann diese Aufgabe folglich nur wahrnehmen, wenn er die Namen aller schwerbehinderten Arbeitnehmer kennt. Auf die Zustimmung der betroffenen Mitarbeiter kommt es laut BAG dabei nicht an. Die Klage des Betriebsrats war daher erfolgreich - der Arbeitgeber musste ihm die Namensliste aushändigen.
Hinweis: Niemand muss im Betrieb seine Schwerbehinderung offenbaren. Wer das nicht möchte, kann allerdings auch nicht die "Vorzüge" - wie beispielsweise den Zusatzurlaub - für sich in Anspruch nehmen.
Quelle: BAG, Beschl. v. 09.05.2023 - 1 ABR 14/22
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(aus: Ausgabe 12/2023)