Nachlassverzeichnis verlangt: Mit Annahme des Vermächtnisses erlischt der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten

Das Oberlandesgericht München (OLG) hatte im Folgenden die Frage zu klären, ob einem Pflichtteilsberechtigten noch Auskunftsansprüche zustehen, nachdem er vom Erben mit einem Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteils bedacht wurde und dieses Vermächtnis auch angenommen hat.

Die Eheleute hatten 1958 einen Ehe- und Erbvertrag notariell beurkundet und darin verfügt, dass der überlebende Ehegatte den Abkömmlingen des zuerst Versterbenden eine Summe zu zahlen habe, die dem Wert des gesetzlichen Pflichtteils entspreche. Nach dem Tod der Ehefrau ist der Ehemann dieser Verpflichtung gegenüber dem Sohn nachgekommen. Der Sohn hat dieses Vermächtnis auch angenommen - er verlangte aber darüber hinaus von seinem Vater die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses.

Das OLG hat entschieden, dass dem Vermächtnisnehmer ein solcher Anspruch nicht mehr zusteht, nachdem er das Vermächtnis angenommen hat. Zwar habe der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich einen solchen Auskunftsanspruch - unabhängig davon, ob er das Vermächtnis angenommen hat oder nicht. Ein Auskunftsanspruch besteht aber dann nicht mehr, wenn der Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr bestehen kann, weil dann auch kein Informationsbedürfnis mehr besteht. So sah es das OLG in diesem Fall, weil der Sohn seinen Pflichtteil bereits erhalten hatte und der Pflichtteilsanspruch dadurch erfüllt war.

Hinweis: Neben dem besonderen Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten existiert auch ein allgemeiner Auskunftsanspruch über die Grundsätze von Treu und Glauben. Diese Auskunft ist aber nur auf Erstellung eines einfachen Nachlassverzeichnisses gerichtet.


Quelle: OLG München, Beschl. v. 21.11.2022 - 33 U 2216/22
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 02/2023)