Klarstellung durch EuGH: Nach EU-Recht können Erben durchaus einen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub verlangen
Die Rechtsprechung beschäftigt sich immer wieder mit der Frage, inwieweit Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen - insbesondere Urlaubsansprüche - vererbbar sind. Der folgende Fall musste für eine Entscheidung sogar bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gehen.
Zwei Witwen, deren verstorbene Männer in einem Fall bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber, in dem anderen Fall bei einem Unternehmen beschäftigt waren, klagten auf Vergütung des nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs ihrer verstorbenen Männer. Das Bundesarbeitsgericht legte die Sache dem EuGH vor, da nach EU-Recht der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nicht mit seinem Tod erlischt, nach deutschem Recht die Vergütung dafür jedoch nicht Teil der Erbmasse wird.
Der EuGH entschied, dass Urlaubsansprüche, die der Erblasser im Todeszeitpunkt noch hat, durchaus vererbt werden, so dass die Erben deren Auszahlung verlangen können. Dies gilt sowohl gegenüber einem öffentlich-rechtlichen als auch gegenüber einem privaten Arbeitgeber. Schließt das deutsche Recht eine solche Möglichkeit aus, ist es mit dem EU-Recht unvereinbar und die Erben können sich unmittelbar auf das EU-Recht berufen.
Hinweis: Die deutschen Gerichte hatten bislang immer entschieden, dass der Urlaubsanspruch nur vererbt werden kann, wenn er sich noch zu Lebzeiten des Erblassers in einen Urlaubsabgeltungsanspruch verwandelt hatte. Der Arbeitnehmer musste also die Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch erlebt haben. War er vorher verstorben, lehnten die deutschen Gerichte eine Vererbbarkeit des Anspruchs ab, da der Urlaubsabgeltungsanspruch ihrer Ansicht nach nur bei einem Arbeitnehmer selbst entstehen kann, nicht aber direkt bei den Erben. Diese Ansicht wurde jetzt vom EuGH jedoch klar abgelehnt.
Quelle: EuGH, Urt. v. 06.11.2018 - C-569/16