Kein Rückkaufwert: Risikolebensversicherung bei Pflichtteilsergänzungsansprüchen ohne Berücksichtigung

Seit einer grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Jahr 2010 ist klargestellt, dass eine Lebensversicherung, die über ein widerrufliches Bezugsrecht schenkungsweise zugewendet wird, mit ihrem Rückkaufwert im Rahmen eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs zu berücksichtigen ist. Im Fall des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) war die Frage, ob diese Grundsätze auch für eine Risikolebensversicherung gelten, bei der kein Vermögen gebildet wird und die lediglich nur eine finanzielle Absicherung für den Todesfall gewährt.

Die pflichtteilsberechtigte Tochter des Erblassers beabsichtigte, Ansprüche gegen dessen zur Alleinerbin eingesetzte zweite Ehefrau geltend zu machen. Es existierte ein notarielles Nachlassverzeichnis, das unter anderem einen Hinweis auf eine Risikolebensversicherung mit einer Todesfallsumme von 50.000 EUR enthielt und für die die Alleinerbin bezugsberechtigt war. Die Tochter war der Ansicht, dass ihre Pflichtteilsansprüche unter Berücksichtigung der Versicherungssumme ermittelt werden müssten. Dies lehnten sowohl das Landgericht als auch das OLG im Ergebnis ab. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH hätte im Fall einer schenkweisen Zuwendung auf den Rückkaufwert der Versicherung abgestellt werden müssen. Derartige Versicherungen weisen aber als reine Risikoversicherung keinen Rückkaufwert aus, den der Erblasser noch zu Lebzeiten hätte realisieren können.

Hinweis: Werden Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend gemacht, liegt das Augenmerk regelmäßig auf Schenkungen, die der Erblasser vor seinem Tod gemacht hat und die den Wert des Nachlasses gemindert haben.


Quelle: Saarländisches OLG, Beschl. v. 05.08.2022 - 5 W 48/22
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2022)