Du Parteifreund! Das sogenannte Solidaritäts-Du muss unter Parteigenossen akzeptiert werden
Was schwedische Möbelhäuser völlig Fremden gegenüber praktizieren, gehört unter Parteifreunden schon seit längerem zum sogenannten guten Ton - es wird durchgängig geduzt statt gesiezt. Doch beim Amtsgericht Brandenburg gab die alte Weisheit im folgenden Fall den Ausschlag, Recht walten lassen zu müssen: Unter Parteifreunden gibt es keine echten Freunde.
Hier stritten sich zwei Parteimitglieder, wobei das eine Mitglied dem anderen das familiäre "Du" als Anrede absprechen wollte. So klagte es auf Unterlassung und beantragte für das Verfahren Prozesskostenhilfe. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bot keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und schien zudem auch mutwillig zu sein. Zunächst hätte wegen der Verletzung der persönlichen Rechte ein Gütestellenverfahren durchgeführt werden müssen. Das war jedoch nicht erfolgt. Aber auch in der Sache selbst hätte die Klage keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Das "Solidaritäts-Du" hat sich insbesondere aus der französischen Revolution heraus auch bis auf die heutigen Gewerkschafts- und Parteitage sowie Vereinssitzungen durchgesetzt. Infolgedessen muss sich jemand, der in eine Gewerkschaft oder in eine politische Partei eintritt, üblicherweise gefallen lassen, dass er auch von seinen Parteigenossinnen und Parteigenossen geduzt wird.
Hinweis: Nach diesem Urteil muss sich also jedes Mitglied gefallen lassen, dass es auch von seinen Parteigenossinnen und Parteigenossen geduzt wird. Ob das für alle Parteien gilt - insbesondere diejenigen, die keine "Genossen" haben -, ist zweifelhaft.
Quelle: AG Brandenburg, Urt. v. 28.12.2021 - 31 C 148/21
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(aus: Ausgabe 04/2022)