Beweis für Testierunfähigkeit: Beauftragter Allgemein- und Sportmediziner verfügt nicht über geforderte Facharztqualifikation
In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht München (OLG) musste die Frage beantwortet werden, ob ein Erbscheinverfahren an einem Verfahrensmangel leidet, wenn für die Frage, ob der Verstorbene testierfähig war, kein Facharzt für Psychiatrie mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt wurde.
Der Erblasser hinterließ drei Kinder, von denen er ein Kind im Wege eines notariellen Testaments zum Alleinerben und drei Jahre später durch ein handschriftliches Testament alle drei Kinder jeweils zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt hatte. Nach dem Tod des Vaters beantragte der vermeintliche Alleinerbe einen alleinigen Erbschein, die übrigen Kinder einen gemeinschaftlichen Erbschein unter Berücksichtigung der Erbquoten. Das Nachlassgericht erließ zur Frage, ob der Vater zum Zeitpunkt des handschriftlichen Testaments noch testierfähig war, einen Beweisbeschluss und berief als Sachverständigen einen Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin.
Doch hiergegen hatte das OLG Einwände. Natürlich muss bei Zweifeln an der Testierfähigkeit die Unfähigkeit positiv festgestellt werden. Hierzu darf ein Gericht auf die Sach- und Fachkenntnis eines Sachverständigen zurückgreifen. In der Rechtsprechung wird hierzu überwiegend vertreten, dass nur Fachärzte für Psychiatrie über eine ausreichende Qualifikation zur Beurteilung der Frage der Testierunfähigkeit verfügen. Nur durch die Facharztqualifikation kann sichergestellt werden, dass der Sachverständige über die notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse zur Beantwortung dieser Frage verfügt. Die Berufung eines Sachverständigen, der nicht über diese Qualifikation verfügt, stellt nach Ansicht des OLG einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.
Hinweis: Es empfiehlt sich grundsätzlich, bei der Einsetzung eines Sachverständigen durch das Gericht zu überprüfen, ob die als Sachverständige eingesetzte Person über die notwendige Qualifikation verfügt, um die Beweisfrage beantworten zu können.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 14.01.2020 - 31 Wx 466/19
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(aus: Ausgabe 03/2020)