Befristung als Krankheitsvertretung: Bei Vertragsabschluss unabsehbarer Krankheitsverlauf hebt sachliche Rechtfertigung nicht auf
Arbeitsverhältnisse können unter anderem bei Vorliegen eines Sachgrunds befristet werden - so zum Beispiel bei der Vertretung eines erkrankten Arbeitnehmers. Wie das jedoch genau bei einer Krankheitsvertretung auszusehen hat - und hier entscheidet der Wissenstand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses -, musste das Arbeitsgericht Erfurt (ArbG) entschieden.
Eine Arbeitnehmerin war "als Vertretungskraft für die im Krankenstand befindliche Beschäftigte Frau J." befristet eingestellt worden. Drei Monate später teilte die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin mit, dass die erkrankte Kollegin die Arbeit wieder aufnehmen könne und damit die auflösende Bedingung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses eintreten werde. Ihr wurde mitgeteilt, dass ihr Arbeitsverhältnis zwei Wochen nach Zugang des Schreibens enden würde. Gegen die Befristung klagte die Arbeitnehmerin und meinte, die von ihr vertretene Frau J. würde gar nicht mehr an den Arbeitsplatz zurückkehren - diese sei schließlich an Krebs erkrankt.
Der Sachgrund der Krankheitsvertretung lag für die Richter jedoch schon deshalb vor, da der Arbeitgeber bei Vertragsabschluss davon ausgehen durfte, dass die vertretene Mitarbeiterin an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde. Nur wenn er weiß, dass die Vertretene nicht zurückkehren wird, oder er aufgrund besonderer Umstände daran erhebliche Zweifel hat, kann die Befristung des Arbeitsvertrags sachlich nicht gerechtfertigt sein. Das ArbG ging in diesem Fall davon aus, dass der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags keinerlei Kenntnis dahingehend hatte, dass die zu vertretende Mitarbeiterin Frau J. nicht an den Arbeitsplatz zurückkehren werde.
Hinweis: Läuft ein befristeter Vertrag aus, müssen sich Arbeitnehmer binnen drei Wochen nach Auslaufen des Vertrags gegen die Befristung durch Einreichen einer Klage wehren. Hierbei handelt sich um eine Frist, die unbedingt zu beachten ist.
Quelle: ArbG Erfurt, Urt. v. 17.05.2022 - 6 Ca 1834/21
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(aus: Ausgabe 09/2022)