Ausnahmevorschrift für Rücktritt: Bei Reisebuchung bereits bekannte Pandemie ist kein "außergewöhnlicher Umstand" mehr
Das "Reisen in Pandemiezeiten" könnte als Rechtsratgeber womöglich bald Regale füllen. Doch noch müssen viele Fälle ausverhandelt werden - so wie der folgende. Hier stellte sich die Frage, ob man von einer Reise zurücktreten kann, die man erst nach dem Pandemieausbruch gebucht hat. Mit der Beantwortung dieser Frage wurde das Landgericht Koblenz (LG) betraut.
Ende April 2021 buchte ein Mann für sich und seine Frau eine zweiwöchige Kreuzfahrt im Januar 2022 für über 7.000 EUR. Einen Monat vor Beginn der Kreuzfahrt informierte der Reiseveranstalter, dass der gebuchte Landausgang zum Besuch eines Konzerts wegen coronabedingter Einschränkungen storniert werden müsse. Als das Auswärtige Amt dann das Reiseland sogar als Hochrisikogebiet einstufte, trat der Mann von der Reise zurück und verlangte die Rückerstattung des gezahlten Reisepreises. Der Reiseveranstalter erstattete jedoch nur 10 %. Dagegen klagte der Mann - vergeblich.
Er konnte laut AG nämlich nicht kostenfrei von der gebuchten Reise zurücktreten. Zwar gibt es grundsätzlich eine Ausnahmevorschrift für eine Möglichkeit des Rücktritts vor einem außergewöhnlichen Umstand. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Reise vor dem Ausrufen der Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation am 11.03.2020 gebucht worden war. Das war jedoch nicht der Fall. Wenn eine Buchung trotz des Risikos erfolgt, ist das Eintreten des Risikos nicht mehr "außergewöhnlich", so dass die Möglichkeit eines Rücktritts somit auch nicht mehr besteht.
Hinweis: Wer also nach Beginn der Pandemie gebucht hat, dem kommen wesentlich weniger Rechte zu als demjenigen, der eine Reise vor Ausbruch der Pandemie gebucht hat.
Quelle: LG Koblenz, Urt. v. 01.02.2023 - 3 O 140/22
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(aus: Ausgabe 06/2023)