Arbeitsunfähigkeit als Kündigungsgrund: Arbeitgeber müssen bei einer Kündigung eines in der Probezeit Erkrankten Vorsicht wahren
Dass Arbeitnehmer oftmals über mehr Ansprüche verfügen, als sie selbst wissen, zeigt der folgende Fall des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg.
Ein Arbeitnehmer wurde neu in einer Spedition eingestellt. Anfang Juli begann der Arbeitnehmer. Ab dem 18.07. erkrankte er, und am 26.07. wurde die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit bis zum 12.08. festgestellt. Sein Arbeitgeber kündigte ihm daher noch am 26.07. zum 10.08. Der Arbeitgeber stellte mit dem 10.08. die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ein, der Arbeitnehmer beantragte Krankengeld.
Die zahlende Krankenkasse machte nun einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Krankengeldes gegen die Spedition geltend. Sie berief sich dabei auf § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz, in dem Folgendes steht: "Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts wird nicht dadurch berührt, daß der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlaß der Arbeitsunfähigkeit kündigt." Hier hatte der Arbeitgeber aus Sicht der Richter tatsächlich das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt. Dafür genügte es, dass die Kündigung ihre objektive Ursache in der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers und diese den entscheidenden Anstoß für den Kündigungsentschluss gegeben hatte. Dabei muss die Arbeitsunfähigkeit zwar nicht alleiniger Grund für die Kündigung sein - sie muss den Kündigungsentschluss aber wesentlich beeinflusst haben. Kann ein Arbeitgeber das Gegenteil nicht beweisen, muss er zahlen, wie in diesem Fall.
Hinweis: Die Pflicht zur Entgeltfortzahlung endet für den Arbeitgeber also nicht mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt.
Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 01.03.2018 - 10 Sa 1507/17
zum Thema: | Arbeitsrecht |
(aus: Ausgabe 11/2018)