Anonym angezeigt: Gefahrenabwehr durch sachdienliche Hinweise aus der Bevölkerung steht über Auskunftsrecht
Dieser Fall zeigt eine wohlbekannte Zwickmühle auf: Darf ein anonym Anzeigender auf die Wahrung seiner Anonymität hoffen oder steht es dem Angezeigten zu, in Erfahrung zu bringen, wer ihn (womöglich unberechtigt) "angeschwärzt" habe? In diesem Fall geht es zwar "nur" um eine Unterschriftenliste aus der Nachbarschaft, dennoch stellt das Urteil des Verwaltungsgericht Neustadt auf die generelle Verfahrensweise solcher Auskunftsverlangen ab.
Ein Mann hatte einen Hund der Rasse Cane Corso - eine Rasse, die in zwei Bundesländern als sogenannter Listenhund geführt wird. Die Rasse beeindruckt dabei selbst im absolut friedlichen Zustand schon durch ihr Erscheinungsbild: Ein Cane Corso erreicht im Schnitt eine Höhe von 60 bis 70 cm und ein Gewicht von bis zu 50 kg. Einige scheinbar nachhaltig beeindruckte Nachbarn des Hundehalters wandten sich daher per Unterschriftenliste an die Stadt und meinten, der Hund sei gefährlich. Das nahm die Stadt zum Anlass, den Hundehalter auf die bestehende Anleinpflicht im Stadtgebiet sowie die Vorschriften des Landesgesetzes über gefährliche Hunde hinzuweisen. Der Hundehalter antwortete, dass der Hund nicht aggressiv sei, und forderte die Stadt auf, mitzuteilen, welche Personen sich bei ihr über seinen Hund beschwert hätten. Schließlich klagte er sein vermeintliches Auskunftsrecht ein.
Er hatte aber keinen Anspruch auf Herausgabe der Unterschriftenliste, da die Daten als personenbezogene Daten einem besonderen Schutz unterlagen. Außerdem würde die Tätigkeit der Ordnungsbehörden bei Bekanntgabe der Namen beeinträchtigt werden. Im Bereich der Gefahrenabwehr sind Behörden auf sachdienliche Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Solche Hinweise erhöhen die Effektivität behördlicher Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen und erfolgen in der Regel in der Annahme, dass der Name des Hinweisgebers nicht offenbart wird. Daher wäre die Tätigkeit der Gefahrenabwehr spürbar beeinträchtigt, wenn die Namen bekannt gegeben werden würden, weil dann immer weniger Personen bereit wären, entsprechende Hinweise zu geben.
Hinweis: In dieser Angelegenheit ist nicht das allerletzte Wort gesprochen. Eine Berufung zum Oberverwaltungsgericht ist noch möglich. Vieles spricht jedoch dafür, dass die Entscheidung korrekt ist. Dennoch müssen Hinweisgeber damit rechnen, dass ihre Namen preisgegeben werden - das ist nämlich immer dann der Fall, wenn sie in Ordnungswidrigkeits- oder Strafverfahren als Zeugen aussagen müssen.
Quelle: VG Neustadt, Urt. v. 26.07.2021 - 5 K 1113/20.NW
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(aus: Ausgabe 10/2021)