Angstgefühl allein unzureichend: Kein Schadensersatz nach Facebook-Scraping ohne Darlegung konkret-individueller Betroffenheit
Bei einem sogenannten Scraping werden Daten von Websites automatisiert ausgelesen. Ein solches Auslesen kann sowohl autorisiert als auch rechtswidrig erfolgen. Im Fall des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) verklagte eine Facebooknutzerin den Meta-Konzern nach einer unautorisierten Auslesung ihrer Daten auf Schadensersatz. Doch ob und wie der erlittene Schaden zu bewerten war, ist fraglich.
Im April 2021 veröffentlichten Unbekannte die Daten von etwa 500 Millionen Facebooknutzern im Darknet, darunter Namen und Telefonnummern. Die Daten hatten die Unbekannten zuvor über einen längeren Zeitraum zunächst unter Ausnutzung der seinerzeitigen Suchfunktionen von Facebook gesammelt. Auch wenn die Anzeige der eigenen Telefonnummer bei Facebook nicht aktiviert war, war es über die Suchfunktion möglich, einen Nutzer über eine eingegebene Telefonnummer zu identifizieren. Dies nutzen die Unbekannten aus, indem sie millionenfach Telefonnummern mit dem Computer generierten und hierzu Daten abriefen. Facebook deaktivierte die Suchfunktion für Telefonnummern im April 2018. Wegen dieses Datenlecks wurden zahlreiche Klagen gegen Meta als Betreiberin der Plattform eingereicht. Auch die Frau dieses Verfahrens war betroffen. In dem im Darknet veröffentlichten Datensatz fanden sich ihre Mobiltelefonnummer, ihr Vor- und Nachname sowie die Angabe ihres Geschlechts. Deshalb verlangte sie mindestens 1.000 EUR Schmerzensgeld.
Das OLG hat die Klage auf Zahlung von Schadensersatz nach der Datenschutz-Grundverordnung abgewiesen. Nach dem Urteil lagen zwar eindeutige Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften vor, einen immateriellen Schaden konnte die Frau jedoch nicht ausreichend darlegen. Der zu einer Vielzahl an ähnlich gelagerten Verfahren identische, pauschale Vortrag, die "Klägerpartei" habe Gefühle eines Kontrollverlusts, eines Beobachtetwerdens und einer Hilflosigkeit - insgesamt also das Gefühl der Angst - entwickelt und Aufwand an Zeit und Mühe gehabt, reichte zur Darlegung einer konkret-individuellen Betroffenheit nicht aus.
Hinweis: Das OLG hat mit diesem Urteil eine Leitentscheidung für eine Vielzahl anderer Verfahren getroffen. Andere Kläger müssen nun darstellen, welchen Schaden sie materiell und/oder immateriell erlitten haben.
Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 15.08.2023 - 7 U 19/23
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(aus: Ausgabe 12/2023)