Amtsermittlungsgrundsatz: Nachlassgerichte müssen Festsetzung des Geschäftswerts auf eigene Ermittlungsergebnisse stützen
Wenn ein oder mehere Erben sich weigern, an der Wertermittlung des Nachlasses mitzuwirken, greift das Nachlassgericht mit einer entsprechenden Schätzung ein. Dass aber auch für das Gericht gilt, sich hierfür auf handfeste Ergebnisse eigener Ermittlungen zu stützen, zeigt das folgende Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (OLG).
Zur Ermittlung der Kosten eines Nachlassverfahrens ist der Wert des Nachlasses durch das Gericht zu ermitteln. Erben sind grundsätzlich zur Mitwirkung bei der Ermittlung dieses Werts verpflichtet. Hier jedoch hatte der Erbe nicht an der Ermittlung des Nachlasswerts mitgewirkt. In der Folge hatte das Nachlassgericht den Geschäftswert für das Erbscheinsverfahren auf 2.000.000 EUR festgelegt und dies damit begründet, dass der Wert geschätzt sei und man von einem Miteigentumsanteil an einem Grundstück sowie von Geldvermögen ausgehe. Ermittlungen zum Nachlasswert wurden durch das Gericht hierfür jedoch nicht vorgenommen.
Zwar hat der Erbe seine Beschwerde nicht fristgerecht eingelegt - das OLG hat dennoch die Kostenentscheidung abgeändert, da das Nachlassgericht offensichtlich von einem falschen Geschäftswert ausgegangen sei. Aus der Nachlassakte ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte, die eine Festsetzung eines Geschäftswerts in der bezifferten Höhe gerechtfertigt hätten. Auch sei nicht ersichtlich, dass das Gericht überhaupt eigene Ermittlungen zum Nachlasswert angestellt habe, was einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz darstelle.
Hinweis: Die Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung beträgt sechs Monate und beginnt zumeist mit der Bekanntgabe des Kostenbeschlusses, in jedem Fall aber mit dem Erlass des Erbscheins.
Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 18.08.2021 - 10 W 69/21
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(aus: Ausgabe 10/2021)